Im Oktober 2023 fand die diesjährige Mitgliederversammlung der Bürgerinitiative Stille Schiene Hockenheim e.V. (BISS-Hockenheim) im Stadthallen-Restaurant Rondeau statt. Nach der Begrüßung der anwesenden Mitglieder und Gäste gedachte die Versammlung des im August 2022 verstorbenen Gründungsmitglieds der Bürgerinitiative Horst Waldmann. Im Rahmen seines Rechenschaftsberichts für das Geschäftsjahr 2022 ging der BISS-Vorstandsvorsitzende Lothar Gotthardt zunächst nochmals auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Mai 2022 ein. Die Umsetzung des Urteils hat bisher kaum Fortschritte gemacht, da der Bahn für die durch das Gericht auferlegte Neuanfertigung eines Lärmgutachtens relevante Betriebszahlen aus den achtziger Jahren fehlen. Im späteren Verlauf der Versammlung gab der als Gast und Vertreter der Hockenheimer Stadtverwaltung anwesende Leiter des Fachbereichs Bauen und Wohnen Christian Engel einen konkreteren Überblick über den Stand des Verfahrens. Das Urteil des VGH Mannheim hat das EBA (Eisenbahnbundesamt) verpflichtet, die Lärmschutzgarantie aus dem Planfeststellungsverfahren 1981 zu erfüllen, dabei die Zahlen und Werte von 1987 zugrunde zu legen und bestand auf der kumulierten Betrachtung des Gesamtlärms von Bahn und Straße (B 36). Der Bahn fehlen jedoch sowohl die für das Gutachten wichtigen Zugzahlen als auch die PKW- und LKW-Verkehrszahlen aus dem Jahr 1987. Im Rahmen eines Abstimmungstreffens zwischen Vertretern des EBA sowie der Stadtverwaltung und der BISS einigte man sich deshalb darauf, dass die bei der Bahn vorhandenen Zahlen aus dem Jahr 2006 für die Erstellung des Gutachtens verwendet werden sollen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass das neue Gutachten auf Wunsch der Bahn auf Basis des Berechnungsverfahrens erstellt werden soll, welches im Jahr 1987 gültig war. Sowohl die Bahn als auch die Hockenheimer Stadtverwaltung müssen dafür Gutachter ausfindig machen, welche mit dem heute nicht mehr verwendeten Berechnungsverfahren einschlägige Erfahrungen nachweisen können. Auf Grund der Komplexität der Problemstellung kann mit der Vorlage des neuen Gutachtens frühestens im Jahr 2024 gerechnet werden. Im Rahmen seines Rechenschaftsberichts ging Lothar Gotthardt auch auf die umfassenden weiteren Tätigkeiten des BISS-Vorstands ein. Er wies darauf hin, dass allein die Teilnahme an diversen Dialogforen und Workshops auch im Jahr 2022 einen hohen zeitlichen Aufwand mit sich brachte. Bei den Dialogforen ging es um die Öffentlichkeitsbeteiligung, die Vorstellung von Planungsprämissen und Verkehrskonzeptionen (wie z.B. die Einbindung des Rangierbahnhofs Mannheim und des Güterbahnhofs Karlsruhe), um die Einschätzung sog. Raumwiderstände sowie um Umweltaspekte. Im Ergebnis sollten erste grobe Beurteilungen möglicher Linienführungen von immer noch 13 möglichen Linien, welche für den Bau von zwei zusätzlichen Gleisen zwischen Mannheim und Karlsruhe infrage kommen. Hockenheim selbst wäre von zwei möglichen Linienführungen direkt betroffen. Dabei geht es zum einen um eine Linie, welche die Gleise von der A67 kommend im Norden Hockenheims an die A6 und von dort in Richtung Walldorfer Kreuz führen würde. Zum anderen wird eine Linienführung untersucht, die ebenfalls von der A67 kommend parallel zur Rheintalstrecke führen würde. Bei dieser Lösung müssten die zusätzlichen Gleise mit erheblichem Aufwand hinter dem Hockenheimer Bahnhof in die sich dort bereits befindenden sechs Parallelgleise integriert werden. Auch im Hinblick auf dieses Projekt der Bahn können in 2023 keine relevanten Entscheidungen mehr erwartet werden, da die dafür erforderlichen Planungszahlen des Bundesverkehrsministeriums erst im Jahr 2024 mit der langfristigen „Verkehrsprognose 2040“ zur Verfügung stehen werden. Den Rechenschaftsbericht beschloss Gotthardt mit dem Hinweis: „Die Forderungen der Bürgerinitiativen und der Verwaltungen zum Lärmschutz werden bei der Bahn nicht prioritär behandelt. Immer wieder erfolgt von dort der Hinweis auf die Kosten-Nutzen-Relation, die durch erforderliche Lärmschutz-Maßnahmen aus Sicht der Bahn gestört werden. Es sind deshalb harte Verhandlungen in der Zukunft zu erwarten. Wir können und dürfen jetzt nicht locker lassen, die Anstrengungen müssen weitergehen!“ An den Rechenschaftsbericht des Vorstands schloss sich eine rege Diskussion unter den Teilnehmern an. Konrad Sommer hob als einer der Stellvertreter des BISS-Vorstands hervor: „Das ganze Verfahren ist enorm komplex, da viele Gutachten an verschiedensten Stellen zu verschiedensten Themen zu erstellen sind.“ Sowohl Sommer als auch Engel bestätigen ein vernünftiges und schlüssiges Vorgehen der Bahngutachter. „Eine aggressive Öffentlichkeitsarbeit gegen die Bahn, wie sie derzeit in anderen, möglicherweise betroffenen Gemeinden verfolgt wird, ist derzeit nicht angebracht. Die dafür aufzubringende Energie benötigen wir noch, wenn es wirklich um etwas geht.“ Nach dem Bericht des Kassenwarts wurde der BISS-Vorstand entlastet. Bei den anschließenden Neuwahlen unter der routinierten Wahlleitung von Stadtrat Markus Fuchs wurde der bisherige Vorstand im Wesentlichen bestätigt (siehe Infokasten). Weitere Informationen finden Interessierte auch auf der Webseite der Bürgerinitiative unter www.biss-hockenheim.de .
Zusammensetzung des neuen Vorstands der Bürgerinitiative Stille Schiene Hockenheim e.V.
Vorstandsvorsitzender: Lothar Gotthardt
Zwei Stellvertreter: Dr. Werner Aufsattler, Konrad Sommer
Kassenwart: Eberhardt Balonier
Zwei Kassenprüfer: Dietrich Tilch, Werner Zimmermann
Zwei Beisitzer: Barbara Itschner, Christian Kramberg